Slow Travel: Eine Reise auf dem Camino Português
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Es muss nicht immer das Luxus- oder Boutiquehotel oder der Cluburlaub mit Rundum-Sorglos-Paket sein. Spontan wollte ich diesen Sommer meinen Rucksack packen, um allein eine Wanderung zu unternehmen, und entschied mich für die gut 280 km lange Route von Porto nach Santiago de Compostela, die mich vorbei an kilometerlangen Sandstränden, über grüne Hügel und durch hübsche Städte wie Vila do Conde, Viano do Castelo, Vigo und Pontevedra führen sollte. Der portugiesische Jakobsweg ist eine von insgesamt 5 überlieferten Pilgerwegen nach Santiago de Compostela, wovon der Camino Francés mit Startpunkt in den Pyrenäen – auch dank Buchveröffentlichungen von Paulo Coelho, Shirley MacLaine und Hape Kerkeling – wohl der bekannteste (und mit Abstand meist belaufene) ist.
Der Camino Português, mittlerweile der zweitbeliebteste Jakobsweg, bietet zwei Alternativen: Eine führt durch das Landesinnere, die andere ganz überwiegend an der Atlantikküste Nordportugals und Spaniens entlang. Nachdem ich vor 7 Jahren bereits den 835 km langen, als Küstenweg bekannten Camino del Norte von Irún nach Santiago de Compostela (und dann weiter nach Finisterre) gelaufen war, stand für mich fest, dass ich wieder ans Wasser wollte – und entschied mich für den Camino Português de la Costa, welcher rund 40 km länger ist als der „klassische“ Weg. Nach etwa der Hälfte des Weges überquert man mit einem Boot die Grenze zwischen Portugal und Spanien.
#slowtravel: Für eine Vielzahl derjenigen, die sich für den Camino entscheiden, spielt dabei die Idee, sich mal wieder auf sich zu besinnen, oder auch ein spiritueller Beweggrund mit. Und tatsächlich hat das stundenlange Wandern am Tag, bei dem man schnell seinen eigenen Rhythmus findet, für mich auch eine meditative Wirkung. Auch machen sich viele Pilgerer mit ganz bestimmten Themen (z.B. verflossene Liebe, berufliche Zukunft) auf den Weg. Überraschend ist dann aber auch, dass man auf dem Weg viel weniger über diese im Alltag so allgegenwärtigen Themen nachdenkt als erwartet. Plötzlich sind es die ganz einfachen Dinge, die im Fokus stehen: Wo bekomme ich als nächstes etwas zu Essen/Trinken? Wo schlafe ich heute Nacht? Tragen mich meine Beine/Füße noch bis dorthin? Kann ich morgen trotz Schmerzen/Blasen an den Füßen wieder laufen? Übrigens sagt man über den Jakobsweg, dass man auf der Reise mindestens einmal weint (check!). Neben dem ein oder anderen unerwarteten Gedankenblitz bietet der Camino natürlich trotzdem eine großartige Gelegenheit, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, Prioritäten zu ordnen und sich all der Dinge im Leben bewusst zu werden, für die man dankbar ist.
Und vielleicht ist gerade das der Grund dafür, warum der Weg trotz des geringen Komfortlevels und der teilweise großen Anstrengungen einen so hohen Erholungswert hat. 9 Wandertage (11 Tage mit An- und Abreise) war ich auf dem Camino von Porto nach Santiago de Compostela unterwegs und habe damit im Schnitt über 30 km pro Tag zurückgelegt – was sich auf jeden Fall auch als sportliche bzw. körperliche Herausforderung herausstellen sollte (in meinem Wanderführer waren für die Strecke 13 Tagesetappen eingeplant). Der Portugiesische Jakobsweg bietet sich also gerade auch für diejenigen als „Mini-Sabbatical“ an, die keinen ganzen Monat für den bekannteren französischen Jakobsweg und trotzdem Lust haben, ein wenig Pilgerluft zu schnuppern.
Fazit: Landschaftlich hat der Camino Português von tollsten Stränden über grüne Eukalyptuswälder bis hin zu strammen Anstiegen mit wunderbaren Ausblicken Vieles zu bieten – und doch gibt es allein unter diesem Gesichtspunkt in Europa sicherlich noch reizvollere Wanderwege. Denn der Weg führt auch mal durch ein Industriegebiet oder an einer viel befahrenen Hauptstraße entlang. Was meines Erachtens aber trotzdem für den Camino spricht, ist einerseits die gute Infrastruktur von Herbergen und Einkehrmöglichkeiten auf dem Weg, die es einem erlaubt, nicht alles im Vorfeld planen zu müssen, sondern sich treiben lassen zu können (ich habe meine Unterkünfte jeweils erst am selben Tag gebucht oder bin ganz ohne Reservierung in eine Herberge gelaufen). Zum anderen herrscht auf dem Jakobsweg einfach eine ganz besondere Stimmung, die auch von den Begegnungen zu anderen „Peregrinos“ aller Altersklassen und Herkünfte lebt, und die man auf dem Weg (bzw. in den Herbergen) mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur einmal wiedertrifft. Der Portugiesische Jakobsweg ist dabei nicht so überlaufen (wie der Camino Francés), sodass man gut und gerne einige Tage alleine laufen kann, aber genug belaufen, sodass man auch leicht Anschluss und Gespräche findet, wenn man denn möchte.
Hier meine Reiseroute mit den jeweiligen Unterkünften:
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Tag: Ankunft in Porto, Unterkunft: Best Guest Porto Hostel (zentral gelegenes, modernes Hostel mit Frühstück)
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Tag: Porto – Vila do Conde (ca. 35 km), Unterkunft: Erva Doce Guest House (sehr schönes B&B direkt am Wasser)
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Tag: Vila do Conde – Marinhas (ca. 31 km), Unterkunft: Albergue de Peregrinos San Miguel Marinhas (sehr einfache Pilgerherberge; Tipp: Besser in Esposende bleiben, schönere Stadt und schönere Unterkünfte)
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Tag: Marinhas – Viana do Castelo (ca. 21 km), Unterkunft: Albuerge de Peregrinos Santa Luzia (super modern und toll gelegen mit traumhaften Blick über die Stadt und das Meer)
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Tag: Viana do Castelo – Caminha (ca. 29 km), Unterkunft: Caminha Hostel & Suites (sehr schönes Hostel)
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Tag: Caminha – Mougás (ca. 30 km), Unterkunft: Camping Mougás (zwar mit Pool, aber recht ungepflegt und schlechtes Essen)
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Tag: Mougás – Vigo (ca. 34 km), Unterkunft: Pensión Residencia Buenos Aires (gut gelegen, einfache Zimmer mit privatem Bad)
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Tag: Vigo – Pontevedra (ca. 35 km), Unterkunft: Acolá Hostel (sehr modern und sauber, nettes Frühstückspaket)
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Tag: Pontevedra – Padrón (ca. 42 km), Unterkunft: Pensión Grilo (einfach, aber teilw. Zimmer mit privatem Bad)
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Tag: Padrón – Santiago de Compostela (ca. 25 km), Unterkunft: Hotel Araguaney (traditionsreiches, etwas plüschiges 5 Sterne Hotel, gut gelegen und große, komfortable Zimmer; Pool und Sauna)
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Tag: Entspannung und Abreise
1 comment
Go Lassi! Toller Blogbeitrag! Danke für die Inspiration!